Herrschaftssysteme im Internet




Wo auch immer Menschen zusammen kommen um gemeinsam etwas zu gestalten brauchen Sie mehr oder weniger feste Rangstrukturen um ihre Zusammenarbeit zu organisieren. Im Laufe der Geschichte haben unsere Politikwissenschaftler verschiedene Modelle definiert um diese Organisationsstrukturen zu beschreiben. Im Grunde lassen sich diese Erkenntnisse auch einfach auf das Internet übertragen, wobei hier natürlich trotzdem andere Gesetzmässigkeiten herrschen als in der echten Welt. Da das Medium Internet ganz andere Beschränkungen aufweist als die echte Welt fallen in der virtuellen Welt natürlich die gravierensten Beschränkungen der Realität, wie zum Beispiel die Anwendung physischer Gewalt, der Freiheitsentzug oder die Beschränkung des Lebensraums weg. User des Internets können gleich an mehreren online Gesellschaften, so genannten Communities (engl. "Gemeinschaften"), teilnehmen und bei missfallen auch schnell wieder aus einer Community austreten. Die Naturgesetze wie wir sie aus der echten Welt kennen finden im Internet kaum Anwendung, ausser sie werden aufwendig von einer Software simuliert, wie zum Beispiel bei Computerspielen. Dafür gibt es andere "künstliche Naturgesetze, denen alle Unterliegen. Diese Naturgesetze werden von dem verwendeten Protokoll des Internet Dienstes und wie der Betreiber des Dienstes die verschiedenen Funktionen und Möglichkeiten des jeweiligen Protokolls eingerichtet und freigeschaltet beziehungsweise deaktiviert hat. Der Betreiber eines Dienstes im Internet nimmt dadurch für die Mitglieder einer Community geradezu eine Gott ähnliche Stellung ein, da dieser ohne weiteres die Vorgaben der Technik ändern oder gar ganz den Dienst einstellen kann. Im Gegensatz zu den echten Göttern, die sich grösstenteils aus den unzulänglichen Geschäften ihrer Geschöpfe heraus halten, haben die virtuellen Götter einen entscheidenden Einfluss darauf welches Gesellschaftssystem sich auf ihren Online Diensten etabliert. Dabei gestalten sich diese virtuellen Regierungsformen wie folgt:


Anarchie

Anarchie ist wohl das natürlichste Regierungssystem was es gibt, da es im Grunde den Zustand beschreibt wenn kein anderes System in Kraft ist. Im Internet kann Anarchie entweder beabsichtigt werden vom technischen Betreuer eines Online Dienstes um seinen Nutzern möglichst viel Freiraum einzuräumen oder aber auch das Endprodukt sein, wenn jener technische Betreuer entweder keine Zeit oder Lust mehr hat den Online Betrieb als Diktator zu betreuen und keinen Nachfolger bestimmt. Das natürliche Prinzig des "Recht des Stärkeren" wird in der virtuellen Anarchie oft durch das Recht des Aktiveren ersetzt. Es ist egal ob man wirklich im Recht ist oder nicht, sondern es zählt lediglich ob man mehr Zeit aufbringen kann um seine virtuellen Ziele zu erreichen.
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Diktatur

Die klassische Diktatur war gerade in den Gründungstagen des Internets eine sehr beliebte Regierungsform. Dabei beanspruchte in der Regel der technische Betreuer eines Dienstes auch gleich alle Entscheidungsgewalt für alles was mit seinem Dienst gemacht wurde für sich. Da diese uneingeschränkte Machtbeanspruchung nicht wie in der Realität in Gewaltexzessen ausarten können, und die Benutzer auch nicht auf diesen einen Dienst eingeschränkt werden können, sondern jederzeit frei sind zu anderen Diensten zu wechseln. Auf diese Weise werden diese negativen Eigenschaften dieser Regierungsform, weswegen Sie in der Realität nicht gern gesehen wird, im Internet abgefedert und nur "gute" Diktatoren, die auf ihre Nutzer acht geben, bleiben auf lange Sicht erfolgreich. Allerdings wird es bei einer wachsenden online community mit zunehmender Grösse um ein vielfaches schwieriger als Alleinherrscher die Übersicht zu behalten und irgendwann ist es schon viel zu komplex als das ein einzelner Mensch jemals in der Lage sein könnte weiter die Alleinherrschaft für sich zu beanspruchen. An diesem Punkt wandelt sich die Diktatur oft in eine Anarchie, wenn der ehemalige Diktator aufgibt, oder er delegiert seine Aufgaben an diverse Vertrauenspersonen, die seine Interessen waren. Diese Regierungsform wird dann Oligarchie genannt.
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Das Stammesgruppenprinzip

Dieses System kennen wir in der realen Welt nur aus den Geschichtsbüchern oder aus Berichten über die so genannten Naturvölker dieser Erde. Bei diesem System bilden sich verschiedene "Stammesgruppen", die sich oft durch verschiedene "Stammesälteste" leiten lassen, weil diese mit ihrem grossen Erfahrungsschatz die wichtigsten Themen für die gesamte Gruppe am besten erfassen können. Der Unterschied zu einer Oligarchie besteht hier darin, dass diese verschiedenen Gruppen parallel zueinander existieren und die Mitglieder untereinander sich oft nur durch Wanderungsbewegungen begegnen, in dem zum Beispiel Mitglieder von der einen Gruppe unzufrieden mit ihrem Häuptling zu einer anderen Gruppe wechseln. Dieses System gilt weder als effizientes noch als erstrebenswertes System, wenn man vor hat sich weiter zu entwickeln. Gewisse Naturvölker die nach diesem System leben zeichnen sich oft dadurch aus, dass ihre Lebensweise sich seit Jahrhunderten, vielleicht sogar Jahrtausenden, kaum wesentlich verändert hat. Die Anthropologen stellen zwar oft beim genaueren hingucken fest das dies oft darin liegt, dass diese Völker einfach nur zufrieden und glücklich mit ihrem Leben sind so wie es ist und deswegen es auch nicht für nötig empfinden irgend etwas daran zu ändern, aber für den Homo Cyberneticus, der sich gerne mit seinen Erfindungen zusammen weiterentwickelt und das Internet gerne nutzt wär das einfach nichts auf lange Sicht. Trotzdem findet man jenes System auch im Internet mit erstaunlich vielen verschiedenen Gruppen und Nutzern, zum Beispiel in den Protokollen des Usenet oder IRC, welche sich natürlich am wenigsten und langsamsten vom ganzen Internet weiter entwickeln, dafür aber einen erstaunlich hohen Unterhaltungs- und/oder Informationswert bieten, weswegen sie sich wohl ihrer grossen Beliebtheit immer noch erfreuen können. Oft ist es auch so, dass sich ehemalige Anarchien erst ein mal zu diesem System selbst verwandeln, weil die Menschen einfach nicht dafür geschaffen zu sein in einer selbstverantwortlichen Gesellschaftsform zu leben und immer auf der Suche nach irgendwelchen Anführern und Vorbildern zu sein scheinen. Wenn der Prozess lang genug weiter geht kann sich dann daraus vielleicht sogar ein anderes höher entwickeltes System, wie eine Oligarchie, Demokratie oder Meritokratie entwickeln.
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Oligarchie

Dies ist bei weitem die verbreiteste Regierungsform im Internet, bei der es auch viele Mischformen mit anderen Systemen gibt. Da der Name im Grunde nur aussagt, dass ein Kreis von wenigen elitären Mitgliedern einer Gemeinschaft zusammen die Herrschaftsarbeit über den Rest der Gemeinschaft übernehmen gibt es verschiedene Möglichkeiten wie diese Menschen für ihre Posten ausgewählt werden und wie sie sich untereinander organisieren. Es kann also demokratische Oligarchien geben, so ähnlich wie unsere republikanischen Demokratien in der realen Welt, als auch diktatorisch bestimmte.
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Demokratie

Die Herrschaft des Volkes konnten selbst die Erfinder dieses Regierungssystems im alten Griechenland nicht zu 100 Prozent umsetzen, noch nicht mal zu 30 Prozent. Im Internet wird dieses idealistische System dadurch erschwert, dass jeder Online Dienst von irgend Jemand betrieben werden muss, der allein durch die technische Natur des Ganzen die Alleinherrschaft über diesen Dienst behält egal ob man will oder nicht. Hinzu kommt, dass durch die starke Annonymisierung des Internets es auch ausserordentlich schwer ist Wahlen in einem überschaubar gerechten Rahmen abzuhalten. Theoretisch könnte sich jeder User mit mehreren verschiedenen Zugangsdaten anmelden, so dass er oder sie für die Gemeinschaft auch mehrere verschiedene Stimmen erhält, da sich nicht unterscheiden lässt ob es sich um mehrere verschiedene User oder um den selben handelt. Diese so genanntente Mehrfachaccount-Problematik wird aber dadurch relativiert, dass wie bei vernetzten Computern so üblich, sich jedes Wahlergebnis für die Betreiber der Online Wahlen durch ein einfaches umstellen von ein paar Nullen und Einsen beliebig verändern lässt. Die manipulierbarkeit von Online Wahlen von beiden Seiten aus lässt sich nur durch erhebliche technische und organisatorischen Aufwendungen verbunden, weswegen eine Umsetzung dieses Systems in der realen Welt bisher nur in relativ belanglosen Bereichen zu finden ist, wie zum Beispiel bei Online Spielen oder in Foren.
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Meritokratie

Dieses System ist sehr verbreitet bei den Onlinespielen und im Freien Software Bereich. Hierbei handelt es sich bei einem System, in dem man im Idealfall nicht durch Sympathien und Versprechungen in der Rangordnung der Gemeinschaft aufsteigt, sondern durch ihr Engagement, Wissen und Können, beziehungsweise durch bereits erbrachte Leistungen, die die eigenenen Fähigkeiten demonstrieren. Gerade im Open Source Software Bereich hat sich dieses System als ausserordentlich effizient und Leistungsstark erwiesen, wie es zum Beispiel das Linux Betriebssystem demonstriert. Ein Problem mit dem viele Open Source Projekte zu kämpfen haben ist allerdings, dass die Fähigsten Mitglieder der Gruppe nicht unbedingt die Jenigen mit der meisten verfügbaren Zeit sind, beziehungsweise das sie ein mal zu wichtigen Positionen aufgestiegen schwer zu ersetzen sind, wenn nicht Jemand kommt der Fähiger ist. Die Personen selber sehen oft nicht ein von ihren wichtigen Funktionen zurück zu treten nur weil sie "gerade zur Zeit" keine Zeit haben und so sind schon viele Open Source Projekte mehr oder weniger eingeschlafen, weil ihre wichtigsten Entwickler eine neue Arbeitsstelle bekommen haben.
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Internetokratie

??? Diese Regierungsform gibt es noch nicht wirklich...